... und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien“ (Heraklit). Gemeint ist der Gegensatz, der Wandel. Mag ich mich beruflich und privat noch so sehr für Harmonie und Ausgleich einsetzen – so lebe ich doch (nicht nur im materiellen Sinn) vom Widerstand und Widerspruch. Louis Schützenhofers Buch „Die Harmoniefalle“ lädt ein, diesen zu bejahen und zu kultivieren, im Sinn einer entwicklungsfreudigen Querdenkerkultur.
Widerspruchsloser Konsum erzeugt Langeweile. „Vier Versuchspersonen sitzen in einem Raum und schätzen das Längenmaß von Linien….“ Die Erinnerung an die zahlreichen psychologischen Experimente samt theoretischer Erörterung weckt in mir in der Regel ein spontanes Bedürfnis nach starkem Kaffee. Schützenhofers Übersetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Alltagswelt erfrischt, lässt mich schmunzeln, nachsinnen und lädt ein zum Austausch mit Freunden. Es sollten, so der Autor, tunlichst nicht solche sein, die die eigene Meinung weitgehend teilen, oder es, harmoniebedürftig, vorgeben. Damit würde sowohl die persönliche Weiterentwicklung behindert, als auch gesellschaftlich eine unheilvolle Strömung des (oft unauffälligen) Konformismus unterstützt. Die Diskussion zur Flüchtlingsdebatte im Kreis der lieben Freunde sehe ich nun mit anderen Augen – welch ein harmonisch dissonanter, konstruktiv verstörender Gedankenaustausch. Und gegoogelt wird ab jetzt auch „Dreitaktmotor“ und „chemische Formel für …“ – damit mein Internetavantar ein paar neue Erfahrungen sammelt (und mir entsprechende Angebote macht).
Die großen Denker der Sozialpsychologie winken mir dabei zu wie alte Freunde – mit so manchen hatte ich einen heftigen, fruchtbaren und belebenden inneren Disput. Fast schade, dass ich mit Herrn Schützenhofer in so vielem übereinstimme.
Den konstruktiven dritten Weg zur Verbindung der Gegensätze in Paarbeziehungen versuche ich in meinem Buch „Adam, wo bist du? Eva, was tust du? Über die Befreiung aus Isolation und Abhängigkeit in Paarbeziehungen“ (Kremayr und Scheriau) fassbar und spürbar zu machen. Es geht um Verbindung, nicht um Kompromisse, um das Halten der Spannung statt satter Stumpfheit, um Wachstum, statt platter Lösungen. Dazu gehört die Einbeziehung beider Hirnhälften, um die Anregung zur Reflexion sowie das Eintauchen in innere Bilder und Visionen. Die Reichhaltigkeit einer Paarbeziehung, und von Gemeinschaften, lebt von der wertschätzend gelebten Spannung.
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